
Persönlichkeitsstörungen
Der Begriff „Persönlichkeit“ gehört zu den wichtigsten in der Psychologie, dementsprechend viele Definitionen aus unterschiedlichen Zeiten gibt es dazu. Der Kern der Aussagen ist jedoch immer derselbe: Persönlichkeit ist das, was einen Menschen ausmacht - sein Verhalten in bestimmten Situationen, seinen Charakter, seine Vorlieben, seine Motive und Werte. Die Persönlichkeit eines jeden Menschen umfasst also neben dem Gefühlsleben auch die individuelle Wahrnehmung, bestimmte Denkmuster und das Sozialverhalten. Jede und Jeder von uns hat seine ganz eigene Persönlichkeit.
Wann spricht man von einer Persönlichkeitsstörung?
Im Allgemeinen ist eine Persönlichkeitsstörung durch immer gleiche und starre Verhaltensmuster gekennzeichnet. Normalerweise lernt man durch Erfahrungen seine Verhaltens- und Denkmuster anzupassen. So wird man seine Reaktionen verändern, wenn diese wiederholt zu negativen Folgen führen oder erfolglos bleiben. Menschen mit Persönlichkeitsstörungen fehlt jedoch diese Anpassungsfähigkeit. Man bezeichnet ihre Verhaltensmuster deshalb als „maladaptiv“ (=unangepasst). Persönlichkeitsstörungen beginnen in den meisten Fällen im späten Kindesalter oder der Adoleszenz. Bei der Diagnose ist darauf zu achten, dass organische Ursachen ausgeschlossen werden können.
Es ist schwer zu sagen, wie viele Menschen unter einer Persönlichkeitsstörung leiden, da diese nicht generell behandlungsbedürftig sind und somit viele Fälle nicht in die Statistik einfließen. Man geht davon aus, dass in Deutschland ca. 8-10% der Bevölkerung von einer Persönlichkeitsstörung betroffen sind. Eine Therapie ist dann notwendig, wenn der Leidensdruck für Betroffene und/oder deren Umfeld zu groß wird, z.B. durch starke Beeinträchtigungen im beruflichen und sozialen Leben. Betroffene nehmen ihr abweichendes Verhalten jedoch häufig nicht als solches wahr, man spricht hierbei von einer Ich-Syntonie. Dies ist ein zusätzlicher Grund, warum viele Persönlichkeitsstörungen unbehandelt bleiben.
Welche Persönlichkeitsstörungen gibt es?
Im ICD-10, dem international geltenden Klassifikationssystem auch psychischer Erkrankungen, sind folgende Persönlichkeitsstörungen aufgeführt:
- Paranoide Persönlichkeitsstörung
- Schizoide Persönlichkeitsstörung
- Dissoziale Persönlichkeitsstörung
- Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (impulsiver Typ/Borderline-Typ)
- Histrionische Persönlichkeitsstörung
- Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung
- Ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung
- Abhängige Persönlichkeitsstörung
- Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörung (narzisstische, passiv-aggressive, schizotype Persönlichkeitsstörung)
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (impulsiver Typ/Borderline-Typ)
Das mit ca. 3% am häufigsten auftretende Krankheitsbild ist die emotional instabile Persönlichkeitsstörung. Man unterscheidet hierbei zwischen einem impulsiven und einem Borderline-Typ. Der Borderline-Typ umfasst die Kriterien des impulsiven Typs und einige zusätzliche.
- Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung des impulsiven Typs leiden häufig unter starken Stimmungsschwankungen, für die schon minimale Anlässe ausreichend sind. Dadurch entsteht oftmals eine extreme innere Anspannung, die Betroffene häufig durch selbstverletzendes Verhalten zu verringern versuchen.
- Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden unter massiven Ängsten, instabilen Beziehungen und haben häufig ein gestörtes Selbstbild bzw. eine gestörte Körperwahrnehmung.
Allgemein ist die emotional instabile Persönlichkeitsstörung ein sehr komplexes Störungsbild. Hinzu kommt, dass sie häufig mit Komorbiditäten wie Angst-/Zwangsstörungen, Depressionen oder Essstörungen auftritt. Viele Patienten verüben mindestens einen Suizidversuch, was zeigt, wie wichtig eine therapeutische Behandlung ist. Die Therapie ist in den meisten Fällen eine Kombination aus Einzel- und Gruppensitzungen und zusätzlich einer medikamentösen Therapie. Während dieser erlernen Betroffene unter anderem Fähigkeiten zur Stressbewältigung und Methoden, ihre Emotionen früher zu erkennen, zu kontrollieren und abzubauen. Für eine erfolgreiche Behandlung ist eine möglichst frühzeitige und vollständig absolvierte Therapie unbedingt erforderlich. Eine stationäre Therapie kann aufgrund der Engmaschigkeit und Rolle in einer Patientengruppe zu einem guten Ergebnis führen.
Betroffene und auch Angehörige finden unter anderem auf folgenden Seiten Hilfe:
www.borderline-plattform.de
www.borderline-netzwerk.info
www.bapk.de
Ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung
Auch die ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung ist verhältnismäßig verbreitet in der Bevölkerung. Sie zeichnet sich vor allem durch Schüchternheit, Gehemmtheit und Angst vor Kritik oder Zurückweisung aus. Betroffene leiden unter Selbstzweifeln und isolieren sich häufig aus Angst vor negativer Bewertung, Zurückweisung oder Kritik. Von ihren Mitmenschen werden Betroffene jedoch oft als sehr hilfsbereit, feinfühlig und sensibel eingeschätzt. Insgesamt leiden ängstlich-vermeidende Persönlichkeiten im Gegensatz zu den meisten anderen Persönlichkeitsstörungen sehr stark unter ihrem Verhalten und empfinden es oft selbst als Problem. Betroffene sind zudem gefährdet für die Entwicklung anderer psychischer Erkrankungen wie z.B. Angst-/Zwangsstörungen oder Depressionen. Zur Behandlung eignet sich am Besten eine längerfristige Psychotherapie in Form von Einzel- oder Gruppentherapie. Ergänzend können Entspannungsverfahren wie zum Beispiel die Progressive Muskelentspannung hilfreich sein.
Dissoziale Persönlichkeitsstörung
Die dissoziale Persönlichkeitsstörung tritt bei Männern viermal häufiger auf als bei Frauen. Typische Verhaltensweisen sind unter anderem: aggressives Verhalten, Missachtung sozialer Normen, Verantwortungslosigkeit, Impulsivität und Gewalttätigkeit. Das Krankheitsbild findet sich daher häufig auch bei Straftätern. Meist lässt sich das auffällige Verhalten bereits in der Kindheit beobachten – Betroffene schwänzen wiederholt die Schule, lügen ständig oder zerstören mutwillig Dinge. Charakteristisch sind zudem fehlendes Einfühlungsvermögen und fehlende Schuldgefühle. Ursachen für solche Verhaltensweisen sehen Forscher unter anderem in fehlender elterlicher Liebe und dadurch fehlendem Urvertrauen. Zudem wird ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) als Risikofaktor diskutiert. Auch bei der dissozialen Persönlichkeitsstörung steht psychotherapeutische Behandlung im Vordergrund. Verbesserte zwischenmenschliche und soziale Kompetenzen und eine verbesserte Impulskontrolle stellen hierbei die Hauptziele dar. Häufig ist die Therapie jedoch dadurch erschwert, dass die Betroffenen nicht freiwillig erscheinen, sondern eine Therapieaufnahme auf gerichtliche Anordnung erfolgt. Eine psychopharmakologische Behandlung führt bei diesem Störungsbild nicht oder kaum zur Besserung.
Weitere Informationen erhalten Sie unter:
http://www.typentest.de/typentest_de_-_erklarung/persoenlichkeitsstoerung.htm
https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/persoenlichkeitsstoerungen/krankheitsbilder/
https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/persoenlichkeitsstoerungen/kategorien-und-haeufigkeit/
https://de.wikipedia.org/wiki/Persönlichkeitsstörung
https://www.amboss.com/de/wissen/Persönlichkeitsstörungen
https://karrierebibel.de/persoenlichkeitsstoerung/
https://www.oberbergkliniken.de/krankheitsbilder/persoenlichkeitsstoerung
https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/psychische-erkrankungen/leben-mit-der-borderline-persoenlichkeitsstoerung-2016414
https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/persoenlichkeitsstoerungen/selbstunsicherheit/
https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/persoenlichkeitsstoerungen/antisozial