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Was passiert während und nach einer Krise? Wie wird diese behandelt? Was können Sie tun?

Die psychologische Definition einer Krise ist der “Verlust des seelischen Gleichgewichts“. Eine Krise wird ausgelöst durch Ereignisse oder Umstände, die der Mensch nicht bewältigen kann. Früher gemachte Erfahrungen und erworbene Fähigkeiten können eine Problembewältigung begünstigen oder erschweren. Eine Krise ist immer akut, überraschend und bedrohlich und meist verbunden mit Krankheit, Veränderung oder Verlust. In diesen Zeiten stehen Angst und Hilflosigkeit im Vordergrund. Unter anderem werden Ziele und Werte in Frage gestellt: Warum passiert das alles?

Fast jede Person erlebt mindestens einmal in ihrem Leben eine Krise oder ein traumatisches Erlebnis wie z.B. einen schweren Unfall, ein Gewaltverbrechen, eine schwere Erkrankung oder den Verlust eines nahen Angehörigen. Nach derartigen, schweren körperlichen bzw. emotionalen Belastungen zeigen sich bei nahezu jedem Menschen verschiedene charakteristische Reaktionen. Folgen einer Krise können eine Akute Belastungsreaktion, Anpassungsstörung oder auch Posttraumatische Belastungsstörung sein.


Akute Belastungsreaktion

Eine Akute Belastungsreaktion tritt meist unmittelbar nach dem belastenden Ereignis auf und dauert bis zu drei Tage, in einigen Fällen mehrere Wochen an. Der Schweregrad der Reaktion wird dabei von der individuellen Verletzlichkeit und den zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen (sog. Coping-Strategien) beeinflusst.

Folgende Symptome sind dabei typisch:

  • Eingeschränkte Aufmerksamkeit und Bewusstseinseinengung
  • Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten
  • Desorientiertheit
  • Sozialer Rückzug
  • Innere Unruhe und Hyperaktivität
  • Körperliche Symptome wie beschleunigter Herzschlag, Schwitzen, Erröten, Übelkeit, Kopfdruck
  • Unfähigkeit, das Erlebte in Worte zu fassen
  • Teilweise oder vollständige Amnesie (Erinnerungsverlust) bezüglich des Geschehens

Idealerweise sollte unmittelbar nach dem Ereignis eine Krisenintervention erfolgen. Betroffene sollten zudem nicht alleine sein und die Geschehnisse nicht mit sich selbst ausmachen. Durch eine frühzeitige, adäquate psychotherapeutische Behandlung kann der Entstehung einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entgegengewirkt werden.


Anpassungsstörung

Bei einer Anpassungsstörung spricht man laut internationaler Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) von Zuständen subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung hinsichtlich sozialer und beruflicher Leistungen. Betroffene können sich dabei nicht an einen neu eingetretenen, schwierigen psychischen bzw. physischen Zustand anpassen. Dies geschieht innerhalb eines Monats nach dem auslösenden Ereignis und dauert maximal sechs Monate an.

Die häufigsten Symptome dabei sind:

  • Ärger, Verbitterung und Verzweiflung
  • Ängste und Depressivität
  • Gefühle der Isolation und Bedrängnis
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Eindruck, den alltäglichen Aufgaben nicht mehr gewachsen zu sein
  • Verspannungen

Im Gegensatz zu einer PTBS können die auslösenden Ereignisse auch solche sein, die nicht unbedingt bei allen Menschen zu Verzweiflung führen. Entscheidend hierbei sind die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen, die aktuelle, individuelle Belastbarkeit und die Lebensumstände. Die Behandlung erfolgt je nach Schwere der Anpassungsstörung. So kann es bei einer leichten Form ausreichen, die soziale Unterstützung zu erhöhen und Bewältigungsstrategien zu aktivieren. Bei schwereren Verläufen ist die Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung sinnvoll. Ziel hierbei ist es, die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen, Methoden zur Problembewältigung zu erarbeiten und das Selbstwertgefühl zu stärken.


Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bezeichnet eine verzögerte psychische Reaktion auf traumatisierende Ereignisse, welche bei annähernd jedem Menschen tiefe Verzweiflung auslösen können (siehe oben). Insgesamt erkranken etwa 5-10% der Menschen, die ein Trauma erleiden, an einer PTBS. Sie tritt in der Regel nicht direkt zum Zeitpunkt des Geschehens auf, sondern innerhalb von sechs Monaten nach dem traumatisierenden Ereignis.

Das ICD-10 nennt folgende Symptome:

  • Wiedererleben: belastende, sich aufdrängende Erinnerungen an das Trauma in Form von Flashbacks oder Alpträumen; häufig ausgelöst durch Schlüsselreize wie Gerüche, Geräusche, Menschen oder Fotos
  • Vermeidungssymptome: sozialer Rückzug; Vermeiden von Situationen, die Erinnerungen an das Trauma hervorrufen würden; Gleichgültigkeit anderen Menschen gegenüber; teilweise oder vollständige Gedächtnislücken; starke Ängste oder Depressivität
  • Körperliche Symptome: Schlafstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten; Reizbarkeit; extreme Wachsamkeit/Schreckhaftigkeit

Diese Symptome müssen für die Diagnose einer PTBS mindestens einen Monat anhalten. Neben den genannten Symptomen ist auch die Leistungsfähigkeit in wichtigen Lebensbereichen eingeschränkt. Des Weiteren leiden viele Betroffene unter schweren Schuld- und Schamgefühlen sowie Selbsthass. Dies wiederum begünstigt die Entstehung von Begleiterkrankungen wie Depressionen und Suchterkrankungen. Halten die Symptome länger als drei Monate an, spricht man von einer Chronifizierung. Diese gilt es durch geeignete Behandlung zu verhindern.

Die PTBS wird in der Regel mit Verhaltenstherapie oder einer Eye Movement Rapid Therapie (EMDR) behandelt. Ziel hierbei ist es, die Kontrolle über ungewollt auftretende Erinnerungen wiederzuerlangen, neuen Sinn im Leben zu finden, die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und Begleitsymptome zu reduzieren.


Wie kann in einer Krisenzeit eigens interveniert werden?

  1. Adäquate und professionelle Informationsbeschaffung
  2. Haben Sie Selbstmitgefühl! Schauen Sie hierfür u.a. auf folgenden Link: https://www.aerzteblatt.de/archiv/174949/Achtsames-Selbstmitgefuehl-Moege-ich-freundlich-zu-mir-sein
  3. Struktur und Ordnung für den eigenen Alltag schaffen, bei Angehörigen helfen.
  4. Perspektivenarbeit: Wie kann ich meine Zukunft aktiv positiv gestalten? Was nehme ich mir vor? Was plane ich?
  5. Handlungsfähigkeit im Hier und Jetzt stärken: Nehmen Sie sich etwas vor und schließen Sie die Aufgabe ab! Dies kann ein kleiner Teil von einem lang vor sich hergeschobenen Projekt sein oder ein „Wäsche-Tag“ oder ein Brief an einen Freund.
  6. Emotionale Entlastung: verbale oder schriftliche Kommunikation mit Anderen oder sich selbst.
  7. Direkte Ich-Stützung durch Ressourcenarbeit: Was tut Ihnen gut? Was macht Ihnen Spaß? Was hilft Ihnen, sich zu entspannen?
  8. Entspannung durch emotionale/kognitive Pausen: Bewegung, Entspannungs- oder Atemübungen, Ablenkung etc.

Für professionelle Unterstützung nach einem Krisenereignis kontaktieren Sie bitte einen gut ausgebildeten Psychologen/Psychotherapeuten.


Weitere Informationen für Betroffene und auch Angehörige finden Sie unter: