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Karpaltunnelsyndrom

Beim Karpaltunnelsyndrom handelt es sich um das häufigste periphere Nervenkompressionssyndrom des Menschen. Betroffen ist hierbei der Nervus medianus (Mittennerv) im Bereich des Handgelenkes.

Nerven können in ihrem natürlichen Verlauf entlang der Extremitäten an Engstellen komprimiert werden. Diese Engstellen werden meist durch knöcherne oder bindegewebige Kanäle gebildet, in denen eine vorbestehende Tendenz zur Einengung des Nervs vorliegt. Nimmt der Inhalt in diesen Kanälen zu (z.B. durch Schwellung) oder kommt es zu einer Vermehrung der umgebenden Strukturen, werden die betroffenen Nerven an dieser Stelle eingeengt. Legt man die Nerven frei, erkennt man gelegentlich eine sanduhrförmige Einziehung im Verlauf des Nerven als Ausdruck der anhaltenden Kompression. Der Nerv selbst besteht ähnlich einem Glasfaserkabel aus tausenden Nervenfasern, die mittels elektrischer Impulsübertragung Tast-, Temperatur- und Schmerzreize von der Hand zum Gehirn bzw. Befehle an die Handmuskeln vom Gehirn zur Hand leiten. Wird der Nerv nun komprimiert, kommt es zunehmend zur Störung der Nervenleitung. Die Folge sind Einschlafen und Kribbeln der Finger, sowie später auch eine Verminderung der Muskelmasse insbesondere am Daumenballen.
 


Anatomie

Der Karpaltunnel befindet sich auf der Beugeseite der Hand zwischen dem Daumenballen und dem Kleinfingerballen. Hier wird durch die Handwurzelknochen eine knöcherne Rinne geschaffen, in der die Beugesehnen und der Nervus medianus (Mittennerv) verlaufen. Zur Handfläche hin spannt sich ein straffes Band (Karpaldach) über die Rinne.

 


Ursachen

Meistens kann man keine genaue Ursache für das Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms herausfinden. Es fällt jedoch auf, dass bevorzugt Frauen nach den Wechseljahren oder während der Schwangerschaft betroffen sind. Dies lässt vermuten, dass hormonelle Faktoren ganz wesentlich an der Ausbildung eines Karpaltunnelsyndroms beteiligt sind. Nur in seltenen Fällen liegt eine anatomische Ursache für die räumliche Enge im Karpalkanal vor. Hier kommen etwa rheumatische Erkrankungen mit Vermehrung des Sehnengleitgewebes, Ganglien (Überbeine) oder Speichenbrüche (distale Radiusfraktur) in Betracht. 
 


Symptome / Beschwerden

Typisches Erstsymptom sind nächtlich auftretende Schmerzen oder Missempfindungen (Einschlafen, Ameisenlaufen), die das Versorgungsgebiet des Nervus medianus betreffen. Hierzu zählen der Daumen, der Zeige- und Mittelfinger sowie die zum Daumen zeigende Hälfte des Ringfingers. Der Kleinfinger sowie der Kleinfingerballen und die Rückseite der Finger sind von den Missempfindungen meist nicht betroffen. Zunächst treten die Beschwerden während und vor allem nach Belastung des Handgelenks auf wie z. B. nach körperlicher Arbeit oder beim Fahrrad fahren. Während dieser Phase der Erkrankung wachen die Patienten häufig wegen der Schmerzen nachts auf. Das Schütteln der Hand kann die Beschwerden gelegentlich noch beseitigen. Später kommt es aber auch ohne erkennbaren Anlass zu nächtlichen Beschwerden. Schließlich treten die Beschwerden auch zunehmend tagsüber auf und es kommt durch eine Druckschädigung von Nervenfasern zu einem zunehmenden Funktionsausfall des Nervs mit Gefühlsverlust an den Fingern und Muskelschwund am Daumenballen.

Zur Erhärtung der Diagnose werden bei der Untersuchung spezielle Provokationstests durchgeführt, die die geschilderten Symptome verstärken. Zuletzt erfolgt noch eine Untersuchung beim Neurologen, der die elektrische Nervenleitung des Nervus medianus im Karpalkanal bestimmt. Dies ist v.a. zur Abgrenzung von Nervenbeschwerden wichtig, die ihren Ursprung beispielsweise in degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule haben. 
 


Behandlung

Konservativ

In den Frühstadien der Erkrankung kann ein konservativer Behandlungsversuch die Beschwerden lindern und eine mögliche Operation zumindest hinauszögern. Zur Anwendung kommt hierbei insbesondere das Tragen von speziellen Handgelenkslagerungsschienen (Orthesen), die im Sanitätsfachhandel erhältlich sind. Zudem kann die Injektion von Kortison in den Karpalkanal zur Verbesserung der Beschwerden führen. Die Injektionen sind jedoch nicht unbedenklich und sollten nur in einer geringen Anzahl durchgeführt werden. Führen diese Maßnahmen nicht zum Erfolg oder sind die neurophysiologischen Messwerte entsprechend hoch, sollte eine operative Entlastung des Nervs (Karpaldachspaltung) durchgeführt werden.


Operativ

Bei der operativen Behandlung des Karpaltunnelsyndroms kommen endoskopische wie auch offen-chirurgische Verfahren zur Anwendung. Nach anfänglicher Euphorie für die endoskopische Karpaldachspaltung wird nun wegen der dabei erhöhten Komplikationsrate zunehmend wieder die offene Karpaldachspaltung durchgeführt. Diese kann über einen relativ kurzen Hautschnitt in der Handinnenfläche erfolgen. Das Karpaldach (retinaculum flexorum) kann hierbei vollständig unter Sicht gespalten werden. Liegen keine medizinischen Gründe für eine stationäre Behandlung (schwerwiegende Begleiterkrankungen, Pflegebedürftigkeit etc.) vor, wird der Eingriff in der Regel ambulant durchgeführt. Die Betäubung des Operationsgebietes erfolgt hierbei wahlweise in Lokalanästhesie oder Plexusanästhesie. Nur in seltenen Fällen ist eine Vollnarkose erforderlich. Im Falle einer Lokalanästhesie kann der Patient kurz nach dem Eingriff wieder nach Hause gehen. Nach Plexusanästhesie oder Vollnarkose ist eine vorübergehende Überwachung erforderlich.

Nach der Operation wird für fünf Tage eine Gipsschiene angelegt, die das Handgelenk ruhig stellt. Anschließend ist nur noch ein leichter Wundverband erforderlich. Die Finger dürfen nach der Operation sofort frei bewegt werden. Die Fäden werden nach zwei Wochen entfernt. Ab diesem Zeitpunkt kann die Hand zunehmend belastet werden.

Abhängig von der Dauer der bestehenden Beschwerden vor der Operation verschwindet das Taubheitsgefühl innerhalb einiger Wochen nach der Operation. Nur in sehr seltenen Fällen, meist wenn das Karpaltunnelsyndrom bereits über Jahre bestanden hat, bilden sich die Symptome nicht vollständig zurück. Ebenfalls selten ist ein Rezidiv, d.h. ein neuerliches Auftreten der Beschwerden nach einer Operation.