Schlaganfall und Schlaganfallbehandlung
Ein Schlaganfall ist immer ein klinischer Notfall. Nur durch eine umgehende Untersuchung und Behandlung können bleibende Schäden vermieden werden. Rufen Sie bei Verdacht auf einen Schlaganfall immer den Notruf 112, und sagen Sie, dass der Verdacht auf einen Schlaganfall besteht.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall (Apoplex) wird durch eine akute Durchblutungsstörung im Gehirn ausgelöst. Dadurch werden Gehirn- und Körperfunktionen eingeschränkt: Es kann zu Störungen der Sprache, des Sehens, der Beweglichkeit (Motorik), der Empfindungsfähigkeit (Sensibilität) und des Bewusstseins kommen. Unterschieden werden zwei Formen von Schlaganfällen: Beim ischämischen Schlaganfall liegt der Durchblutungsstörung im Gehirn ein verschlossenes Blutgefäß zugrunde. Seltener ist der hämorrhagische Schlaganfall: Dabei fließt aus einem Gefäß Blut in das Hirngewebe.
Wodurch entstehen Schlaganfälle?
Der Gefäßverschluss beim ischämischen Schlaganfall entsteht beispielsweise in verkalkten Blutgefäßen (Arteriosklerose). Risikofaktoren für eine Arteriosklerose sind hoher Blutdruck, ein erhöhter Cholesterinspiegel sowie die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Führt die Arteriosklerose zu einer Verengung im Bereich der großen Halsschlagadern, spricht man von einer Carotisstenose. Eine zweite mögliche Ursache für einen akuten Gefäßverschluss im Gehirn können Blutgerinnsel (Thromben) sein, die sich aus den Vorhöfen des Herzens lösen und mit dem Blut ins Gehirn gespült werden. Dies wird als Embolie bezeichnet. Den Hauptrisikofaktor für derartige Embolien aus dem Herzen bildet eine Form der Rhythmusstörung, das sogenannte Vorhofflimmern. Gehirnblutungen können durch eine Verletzung der Gefäße im Gehirn entstehen, beispielsweise bei einem Sturz oder einem anderen Unfall. Darüber hinaus kann auch ein hoher Blutdruck zum Platzen eines Gefäßes im Gehirn führen.
Wie wird ein Schlaganfall behandelt?
Die medizinische Erstversorgung vor Ort und im Rettungswagen
Im Rettungswagen wird die betroffene Person vor Ort in der Regel sofort mit Sauerstoff und einer Infusion versorgt. Im Anschluss fährt der Rettungswagen für weitere Untersuchungen und die Behandlung in das nächstgelegene, auf die Versorgung von Schlaganfällen spezialisierte Krankenhaus.
Die Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus
In Krankenhäusern mit einer spezialisierten Schlaganfalleinheit (Stroke Unit), wie z. B. im LAKUMED Krankenhaus Vilsbiburg, werden Betroffene im Rahmen eines sogenannten Stroke-Konzepts betreut: Ab der Ankunft des Patienten werden diagnostische Maßnahmen zur Klärung von Ausmaß, Ursachen und Folgen des Schlaganfalls durchgeführt. Parallel dazu werden direkt auch Therapiemaßnahmen zur Beseitigung oder Verminderung der Schlaganfallfolgen bzw. zur optimalen späteren Versorgung ergriffen. Hierzu werden Betroffene von speziell geschulten interdisziplinären Behandlungsteams betreut. Diese bestehen aus Ärzten aus dem Fachbereich der Inneren Medizin und der Neurologie, Pflegekräften mit spezieller Weiterbildung in der Betreuung von Schlaganfallpatienten (Stroke Nurses), Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Logopäden sowie Mitarbeitern des Sozialdienstes.
Diagnostische und therapeutische Maßnahmen:
Hat sich der Verdacht eines Schlaganfalls bestätigt, wird als erstes eine Computertomografie (CT) des Kopfes durchgeführt. Das ist nötig, um festzustellen, ob eine Durchblutungsstörung des Gehirns (ischämischer Schlaganfall) oder eine Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall) vorliegt. Vom Ergebnis der Computertomografie hängt die anschließende Behandlung ab.
Viele Kliniken organisieren sich bereits in telemedizinischen Projekten, um die Schlaganfallversorgung in der Fläche zu verbessern. Im Anschluss an die Computertomografie erfolgt daher häufig ein Austausch mit kooperierenden Schlaganfallzentren via Videoübertragung.
Im Anschluss an die Erstdiagnostik erfolgt eine engmaschige stationäre Überwachung in der Stroke Unit für ein bis vier Tage, um die Ursachen des Schlaganfalls zu klären. Dafür können weitere Untersuchungen notwendig sein, z. B. Kernspinuntersuchungen, Langzeit-EKGs, Ultraschalluntersuchungen der Kopf- und Halsgefäße sowie des Herzens. So können Risikofaktoren erkannt und ursächlich behandelt werden, um die Gefahr eines erneuten Schlaganfalls zu senken.
Als spezielle Therapiemaßnahme des Stroke-Konzepts wird die sogenannte Lysetherapie eingesetzt. Hierbei werden Fibrinolytika verabreicht, sprich Medikamente, die beim ischämischen Schlaganfall den Gefäßverschluss auflösen können. Dadurch lassen sich Ausmaß und Folgen eines ischämischen Schlaganfalls häufig stark vermindern. Voraussetzung für die Durchführung einer Lysetherapie ist, dass die Betroffenen unmittelbar nach Einsetzen der Symptome behandelt werden. Wenn das Einsetzen des Schlaganfalls länger als 3 1/2 Stunden zurückliegt, ist eine Lysetherapie meist nicht mehr möglich.
Die spezielle Betreuung im Rahmen des Stroke-Konzepts ermöglicht auch Betroffenen, bei denen keine Lysetherapie mehr durchgeführt werden kann, eine optimale Behandlung. So lassen sich Komplikationen, wie z. B. eine Lungenentzündung aufgrund von Schluckstörungen, verhindern. Die Behandlung eines Schlaganfalls in einer Stroke Unit bzw. im Rahmen eines Stroke-Konzepts führt zu langfristigen und nachhaltigen Therapieerfolgen. So können bleibende Schäden und mögliche Beeinträchtigungen minimiert werden.
Rehabilitationsmaßnahmen werden unmittelbar nach der Einlieferung ins Krankenhaus parallel zur Diagnostik begonnen, um die Folgen des Schlaganfalls möglichst gering zu halten. Neben einer medikamentösen Behandlung von ursächlichen Risikofaktoren, wie hohem Blutdruck, Diabetes oder erhöhten Cholesterinwerten, werden Medikamente zur Verbesserung der Durchblutung im Gehirn eingesetzt.
In Abhängigkeit von der individuellen Symptomatik umfasst das Rehabilitationskonzept Krankengymnastik, Ergotherapie und/oder Logopädie. Außerdem bespricht der Sozialdienst mit den Betroffenen und deren Angehörigen, ob im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt eine weitere ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahme sinnvoll ist und eingeleitet werden soll. Der Sozialdienst kümmert sich auch um eventuell benötigte Hilfsmittel, wie Gehhilfen und Rollstühle.
TEMPiS: Versorgungsqualität von Schlaganfallpatienten in der Region verbessern
Um die medizinische Versorgung von Schlaganfallpatienten der Region Süd-Ost-Bayern zu verbessern, wurde 2013 das telemedizinische Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung (TEMPiS) in der Region Süd-Ost-Bayern gegründet. Damit soll die Qualität in der Schlaganfallversorgung, die z. B. die großen neurologischen Zentren in München und Regensburg bieten, auch in ländlichere Regionen gebracht werden.
Im gesamten TEMPiS-Netzwerk werden jedes Jahr über 6.000 Schlaganfallpatienten aus 19 regionalen Kliniken in Süd-Ost-Bayern behandelt. Kompetente Unterstützung erhalten die Ärzte vor Ort durch Spezialisten aus den Schlaganfallzentren in München-Harlaching und in der Universitätsklinik in Regensburg – und zwar Tag und Nacht.
Noch in der Notaufnahme wird dafür ein Schlaganfallexperte aus einem der Schlaganfallzentren über eine Videokonferenz zugeschaltet, er kann den Patienten direkt befragen und ihn zusammen mit dem Arzt vor Ort neurologisch untersuchen. Gleichzeitig werden die Computertomografiebilder des Patienten zur Beurteilung in das Zentrum überspielt. So kann der Arzt vor Ort gemeinsam mit dem Spezialisten innerhalb von wenigen Minuten entscheiden, ob eine Lysetherapie (medikamentöse Auflösung eines Blutgerinnsels im Gehirn) durchgeführt werden sollte.
TEMPiS beinhaltet jedoch nicht nur die telemedizinische Beratung. In allen regionalen Kliniken wurden spezialisierte Schlaganfallstationen (Stroke Units) aufgebaut und eine kontinuierliche Fortbildung und Qualitätssicherung für die Mitarbeiter aller teilnehmenden Kliniken eingerichtet.
Das besondere Konzept der integrierten Schlaganfallversorgung sieht eine umfassende und koordinierte Behandlung von Schlaganfallpatienten vor. Zusätzlich zur täglichen Vor-Ort-Visite durch Neurologen steht hierzu ein speziell geschultes Team aus Ärzten, Pflegekräften, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden und Mitarbeitern des Sozialdienstes bereit. Akutversorgung und Rehabilitation laufen ab der Ankunft in der Klinik parallel zueinander.
Patienten, die im Rahmen des TEMPiS-Verbundes betreut werden, haben eine wissenschaftlich nachgewiesene bessere Prognose.