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Einblicke

Flying-Interventionalists-Projekt – wenn der Neuroradiologe mit dem Hubschrauber kommt

Beim Schlaganfall zählt jede Minute! Durch den Verschluss eines Gefäßes im Gehirn können bestimmte Bereiche nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden. Dies führt dazu, dass pro Minute fast zwei Millionen Zellen im betroffenen Bereich des Gehirns absterben. Eine rasche Behandlung im Krankenhaus ist für die Genesung des Patienten entscheidend – denn Zeit ist Hirn!

„Viele Blutgerinnsel, die für einen Schlaganfall verantwortlich sind, können durch medikamentöse Therapie, die sogenannte Lyse, im Krankenhaus aufgelöst werden“, sagt Prof. Dr. Christian Pehl. Daher werden Patienten mit Verdacht auf einen Schlaganfall vom Rettungsdienst in die nächstgelegene und geeignete Klinik gebracht, beispielsweise in das Krankenhaus Vilsbiburg. Dort arbeiten im Rahmen des telemedizinischen Projektes zur integrierten Schlaganfallversorgung (TEMPiS) geschulte Ärzte des Krankenhauses per Videokonferenz mit Experten aus München-Harlaching und Regensburg eng zusammen und führen direkt vor Ort eine rasche Behandlung durch.

„Wenn das Blutgerinnsel allerdings eine bestimmte Größe oder Lokalisation im Kopf erreicht hat, kann es oftmals nicht sicher medikamentös aufgelöst werden, sodass eine Thrombektomie erforderlich ist“, erklärt Prof. Dr. Pehl. Bei der Thrombektomie wird ein dünner Katheter durch die Leiste direkt zum Blutgerinnsel ins Gehirn eingeführt. Dort breitet sich zur Gefäßwand hin ein hauchdünner Maschendraht aus, der den Thrombus in sein Inneres einschließt und so unter Sog aus dem Gefäß herausgezogen wird.

Für die Thrombektomie wurden Patienten aus dem ländlichen Raum bisher nach der Erstversorgung im Krankenhaus in das nächstgelegene Interventionszentrum verlegt, da nur dort die Behandlung durchgeführt werden konnte. Um den Patienten den Transport zu ersparen und das Zeitfenster bis zur Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes zu verkürzen, wurde im Rahmen des TEMPiS-Projekts in diesem Jahr in einigen Kliniken eine neue Versorgungsstruktur in Betrieb genommen – so auch am Krankenhaus Vilsbiburg.

Nach Stellung der Diagnose, dass eine Thrombektomie notwendig ist, wird der Patient nicht mehr verlegt, sondern im Krankenhaus Vilsbiburg vor Ort auf den Eingriff vorbereitet. Während dessen steigt der Neuroradiologe, der die Thrombektomie durchführen wird, in den Hubschrauber und fliegt von München-Harlaching oder München Rechts der Isar direkt zum Patienten nach Vilsbiburg. Umgehend nach der Ankunft führt der Neuroradiologe den Eingriff am bereits vorbereiteten Patienten, der sich in der extra dafür installierten Anlage zur digitalen Subtraktions-Angiographie (DSA) befindet, durch.

Ermöglicht wird die neue Versorgungsstruktur durch das Flying-Interventionalists-Projekt von TEMPiS. Ziel ist es, die Schlaganfallbehandlung in der Region Süd-Ost-Bayern weiter zu verbessern und bei jedem Patienten bis zur Lösung des Gerinnsels noch mehr Zeit einzusparen. „Am Krankenhaus Vilsbiburg verkürzen wir die Zeitspanne bis zur Wiedereröffnung des Gefäßes um bis zu 100 Minuten“, so Prof. Dr. Pehl. „Dies ist ein entscheidender Zeitvorteil, da eine erfolgreiche Schlaganfallbehandlung nur innerhalb von sechs Stunden möglich ist.“

 

Warum nimmt das Krankenhaus Vilsbiburg am TEMPiS-Projekt teil?

Rund 80 Prozent der Schlaganfälle entstehen, weil ein Blutgerinnsel eine Ader im Gehirn verstopft und dadurch das umliegende Gehirngewebe nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Dadurch treten Störungen der Gehirnfunktion in den betroffenen Bereichen auf. Um auch im ländlichen Raum die rasche Wiedereröffnung von verschlossenen Gefäßen sicherzustellen, nimmt das Krankenhaus Vilsbiburg seit 2013 am TEMPiS Projekt teil.
 

Was ist eine DSA-Anlage?

Die Anlage zur digitalen Subtraktions-Angiographie ermöglicht es, mehrere zeitlich aufeinander folgende Röntgenbilder von den verengten oder verschlossenen Gefäßen zu erstellen, gleichzeitig die Intervention durchzuführen und das Ergebnis zu kontrollieren.
 

Was ist das Ziel des Flying-Interventionalists-Projekts?

Insgesamt haben sich 21 Kliniken aus Süd-Ost-Bayern im Rahmen von TEMPiS zusammengeschlossen, um in Zusammenarbeit mit Spezialisten aus den Kliniken München-Harlaching oder Rechts der Isar sowie vom Uniklinikum Regensburg die Schlaganfallbehandlung abseits der Ballungsräume sicherzustellen. Das Projekt „Flying Interventionalists“ wird zunächst für einen Zeitraum von drei Jahren von den Bayerischen Krankenkassen finanziert.