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Riss der Schultersehne: In welchen Fällen muss operiert werden?

Ohne ein funktionierendes Schultergelenk werden alltägliche Dinge wie das Anheben von Gegenständen schwierig bis unmöglich.

Das Kugelgelenk der Schulter ist das beweglichste Gelenk unseres Körpers und unentbehrlich für die Beweglichkeit unserer Arme. Möglich wird dieser immense Bewegungsspielraum durch die vielen Sehnen und Muskeln, die unser Schultergelenk umgeben, es stützen und es bewegen. In der Fachsprache heißt dieser Ring aus Muskeln und Sehnen Rotatorenmanschette. Ohne ein funktionierendes Schultergelenk werden alltägliche Dinge wie gezieltes Überkopfgreifen, das Anheben von Gegenständen oder auch nur das Hemd hinten in die Hose zu stecken schwierig bis unmöglich. Eine oder mehrere gerissene Schultersehnen fallen da mitunter schwer ins Gewicht. Gut, dass die Heilungschancen heutzutage hoch sind – auch im fortgeschrittenen Alter.
 


Ursachen von Rissen der Schultersehnen

Zu einem Sehnenriss in der Schulter kommt es entweder durch eine Verletzung oder durch Verschleiß (degenerative Veränderung). Der Verschleiß von Sehnengewebe an der Schulter kann oft mehrere Ursachen haben. Neben altersbedingter Abnutzung können Durchblutungsstörungen der Sehnen verantwortlich sein. Auch die im Alter eingeschränkte Fähigkeit des Körpers, Überlastungsschäden an den Sehnen zu reparieren, ist oft ein Grund. Rauchen, verschiedene Medikamente wie zum Beispiel Anabolika, hohe Blutfette (Hypercholesterinämie), Stoffwechselerkrankungen und Tätigkeiten mit einer hohen Schulterbelastung begünstigen zudem einen Riss der Schultersehnen. Genetische, also anlagebedingte Faktoren können ebenso eine Rolle spielen wie eine schlechte Körperhaltung mit hängenden Schultern.
 


Anzeichen und Einschränkungen

Egal, ob Unfall oder Verschleiß: Betroffene fühlen bei einem Sehnenriss in der Regel einen Schmerz seitlich an der Schulter, der sich bis zur Mitte des Oberarms zieht und auch in den Nacken sowie den ganzen Arm ausstrahlen kann. Die Beweglichkeit ist zudem häufig eingeschränkt – etwa beim Anheben des Oberarms nach vorne oder zur Seite. Außerdem bereiten längere Tätigkeiten über Kopf Beschwerden, und auch die Kraft in der Schulter lässt allmählich nach. Nicht selten wird die Nachtruhe durch die auftretenden Schmerzen gestört.


Diagnose von Sehnenrissen in der Schulter

Zuerst werden Betroffene vom Arzt zu den Symptomen befragt, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung. Anschließend können Röntgenaufnahmen eventuell abweichende Ursachen mit identischen Symptomen ausschließen wie beispielsweise das Schulterengesyndrom. Hier werden die Schmerzen durch den zu geringen Abstand zwischen Gelenkkopf und Gelenkpfanne verursacht. Der Kopf des Oberarmknochens reibt dadurch an der Unterseite des Schulterdachs. Das Ergebnis sind Einklemmungen und Entzündungen. Liefert das Röntgenbild keinen Hinweis auf eine vom Sehnenriss abweichende Ursache, können die Sehnen als Nächstes per Ultraschall begutachtet werden. Zuletzt erfolgt meistens eine Kernspintomografie, die sowohl die Sehnenansätze als auch die zugehörigen Muskelbäuche sichtbar macht. So kann die Größe des Risses festgestellt werden und auch, ob die zugehörigen Muskelbäuche abgebaut haben. Andere die Schulter umgebende Strukturen werden ebenfalls dargestellt und hinsichtlich der Schmerzursache untersucht.
 


Konservative Behandlung von Rissen der Schultersehnen

Risse in den Schultersehnen der Rotatorenmanschette können die übrigen intakten Muskeln bis zu einem gewissen Grad kompensieren und werden daher vor allem von älteren Menschen oft nicht bemerkt. Manchmal ist es dann sogar sinnvoll, konservativ, also ohne operativen Eingriff, zu behandeln – allerdings nur, wenn danach dauerhaft auf größere körperliche Beanspruchung der Schulter verzichtet wird. Auch für Teil- oder Anrisse der Schultersehnen ist die konservative Therapie gut geeignet.

Am Anfang stehen dabei immer das Lindern der Schmerzen und gleichzeitig die Dämpfung der einhergehenden körpereigenen Entzündungsreaktion. Anschließend wird mit vorsichtiger Krankengymnastik versucht, die noch vorhandenen Schultermuskeln der Rotatorenmanschette gezielt zu stärken.
 


Operation der gerissenen Schultersehne

Hat die konservative Therapie über sechs bis zwölf Wochen keinen Erfolg gezeigt oder ist eine Schultersehne zu mehr als der Hälfte oder gar vollständig gerissen, sollte operiert werden. Eine Selbstheilung ist beispielsweise bei einer vollständig gerissenen Sehne so gut wie ausgeschlossen, da diese durch die Muskelspannung zurückgezogen wird. In der Folge kann der nicht mehr belastete Muskel verkümmern, was nach vielen Monaten einen unwiederbringlichen Verlust des Muskels bedeuten könnte. Grundsätzlich sprechen ein jüngeres Alter sowie ein guter Zustand des fleischigen Muskelbauchs und der zugehörigen Sehne für eine Operation. Abhängig vom Ausgangsbefund der Schulter wird der Sehnenriss dann entweder über kleine Schnitte unter Kamerakontrolle behoben (minimal-invasives Verfahren) oder die Rekonstruktion der Sehnenansätze am Oberarmknochen über einen etwas größeren Schnitt durchgeführt. Die Sehne wird dabei mit Fäden am Knochen fixiert und darf anschließend nicht belastet werden, damit sie nicht gleich wieder abreißt.

Zeigt die gerissene Sehne bereits eine hochgradige Ausdünnung und eine schlechte Textur oder hat sich der Muskel schon sehr weit zurückgezogen, sollte von einer operativen Maßnahme nach individueller Betrachtung gegebenenfalls abgeraten werden, da die Erfolgsaussichten gering sind.
 


Anschlussbehandlung

Nach der Operation wird die Schulter für sechs Wochen in einem Kissen oder einem Verband ruhiggestellt. Während dieser Zeit sind nur passive Bewegungsübungen möglich. Erst danach, wenn der Heilungsprozess eine leichte Belastung zulässt, kann mit aktiven Bewegungsübungen unter krankengymnastischer Anleitung begonnen werden. Eine Steigerung der Schulterbelastung ist erst ab der zwölften Woche möglich. Extremen Belastungen wie beispielsweise Klettern standzuhalten oder schwere Lasten zu heben, kann bis zu einem halben Jahr dauern. Dennoch gilt es, die Geduld nicht zu verlieren und die Belastung sinnvoll und in Maßen zu steigern.
 

Nicht jeder Sehnenriss ist gleich. Die Analyse der Ausgangssituation und die Ableitung der Erfolgsaussichten sind äußerst wichtig, um Betroffene bezüglich der konservativen oder operativen Therapie zu beraten. Die Erfahrung des Arztes ist dabei ein wesentlicher Faktor. Entgegen früherer Meinungen können auch Risse der Schultersehnen im höheren Alter erfolgreich operiert werden.

Dr. Thomas Lorenz